Kleines Wahl-ABC: Zwei Stimmzettel – wie viel Kreuze?

- Erschienen am 11.09.2009 - Pressemitteilung 29/2009

Am Wahltag 27. September 2009 werden der Wählerin oder dem Wähler im Wahllokal in der Regel zwei Stimmzettel ausgehändigt: Ein weißer Stimmzettel für die Wahl zum 17. Deutschen Bundestag und ein grüner Stimmzettel für die Wahl zum 5. Landtag Brandenburg.

Zur Bundestagswahl ist Deutschland in 299 Wahlkreise aufgeteilt. Zehn Bundestagswahlkreise - die Wahlkreise 57 bis 66 - befinden sich auf dem Gebiet des Landes Brandenburg. Insgesamt werden im Ergebnis der Bundestagswahl grundsätzlich 598 Bundestagsmandate vergeben. Die Hälfte davon - 299 - in den Wahlkreisen (jeweils ein Direktmandat je Wahlkreis), die andere Hälfte über die Landeslisten der Parteien.

Bei der Landtagswahl werden grundsätzlich 88 Abgeordnete gewählt. Hiervon wird die Hälfte in den 44 Wahlkreisen direkt gewählt. Die übrigen Landtagsabgeordneten werden über die Landeslisten der Parteien, politischen Vereinigungen und Listenvereinigungen gewählt.

Wahlsystem zur Landtagswahl

Die Nummer seines jeweiligen Wahlkreises findet jeder Wähler am Kopf des Stimmzettels aufgedruckt.

Bei beiden Wahlen werden die Direktmandate eines Wahlkreises durch Mehrheitswahl bestimmt, die Landeslistenmandate werden durch Verhältniswahl unter Berücksichtigung der in den Wahlkreisen errungenen Direktmandate vergeben.

Jeder Wähler hat deshalb für beide Wahlen jeweils zwei Stimmen, die durch Ankreuzen vergeben werden: Mit dem ersten Kreuz wird die Erststimme für die Wahl einer oder eines Wahlkreisabgeordneten und mit dem zweiten Kreuz die Zweitstimme für die Wahl einer Landesliste abgegeben.

Wie viele Sitze eine Partei, politische Vereinigung oder Listenvereinigung im Bundes- bzw. Landtag erhält, richtet sich im Regelfall ausschließlich nach ihrem Zweitstimmenanteil. Denn die von einer Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung in den Wahlkreisen errungenen Sitze (Direktmandate) werden mit ihren Listenmandaten verrechnet. Hierbei können Überhangmandate und bei der Landtagswahl auch Ausgleichsmandate entstehen, die die Gesamtzahl der Abgeordneten entsprechend erhöhen.

Erststimme

Mit der Erststimme entscheiden die Wähler, welche/r Wahlkreiskandidat/in direkt in den Bundes- bzw. Landtag gewählt wird. Auf dem Stimmzettel sind diese Direktkandidaten auf der linken Seite aufgeführt. Wer hier die meisten Stimmen erzielt, hat das Direktmandat des Wahlkreises gewonnen und zieht in den Bundes- bzw. Landtag ein.

Zweitstimme

Seine zweite Stimme kann der Wähler nur einer Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung geben, die mit einer Landesliste zu der betreffenden Wahl antritt. Die Landeslisten stehen auf der rechten Seite des Stimmzettels. Auf dem Stimmzettel zur Bundestagswahl sind sie zudem noch erkennbar durch blauen Druck hervorgehoben. Hier sind jeweils die ersten fünf Listenkandidaten aufgeführt. Mit diesem Kreuz bestimmen die Wähler die Stärke der einzelnen Parteien, politischen Vereinigungen und Listenvereinigungen im Bundes- bzw. Landtag, die mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen oder mindestens ein (Landtagwahl) bzw. drei Direktmandat/e (Bundestagswahl) errungen haben.

Die Zweitstimme ist also die maßgebende Stimme für die politische Zusammensetzung des Bundes- bzw. Landtages.

Mit der Erststimme bestimmen die Wähler auch maßgeblich über die personelle Zusammensetzung des Bundes- bzw. Landtages mit. Die direkt gewonnenen Mandate einer Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung werden mit den Mandaten verrechnet, die der Partei oder dem sonstigen Wahlvorschlagsträger aufgrund des Zweitstimmenanteils zustehen (z.B. eine Partei erhält aufgrund ihres Zweitstimmenanteils zehn Mandate und hat in den Wahlkreisen bereits vier Direktmandate gewonnen. Die restlichen sechs Mandate erhalten die - in den Wahlkreisen nicht direkt gewählten oder nicht angetretenen - Landeslistenbewerber der Partei in der Reihenfolge der Listenplätze).

Beide Stimmen können auf jedem Stimmzettel unabhängig voneinander vergeben werden. Der Wähler muss also nicht die Erststimme für eine Wahlkreiskandidatin oder einen Wahlkreiskandidaten und die Zweitstimme für eine Landesliste derselben Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung abgeben. Beide Stimmen können also verschiedenen Wahlvorschlagsträgern gegeben werden („Stimmensplitting").

So kann es in der Wahlpraxis passieren, dass eine Partei mehr Direktmandate gewonnen hat, als ihr prozentual nach ihren Zweitstimmen zustehen würden. Da die gewonnenen Direktmandate eine Partei stets behält, können Überhangmandate, die nicht durch Zweitstimmen gedeckt sind, entstehen. Dieser Fall trat auch bei der Wahl des 16. Deutschen Bundestages am 18. September 2005 mit insgesamt 614 gewählten Abgeordneten ein. Die 16 Überhangmandate entstanden, weil in einigen Bundesländern CDU und SPD mehr Direktmandate gewannen als ihnen nach ihrem Zweitstimmenanteil in diesen Bundesländern zustanden. Die anderen Parteien erhalten in solchem Fall bei der Bundestagswahl keinen proportionalen Ausgleich.

Hat bei der Wahl zum Landtag Brandenburg eine Partei, politische Vereinigung oder Listenvereinigung drei oder mehr Überhangmandate gewonnen, erhalten die anderen im Landtag vertretenen Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen dafür einen proportionalen Ausgleich, damit das durch die Zweitstimmen bestimmte Verhältnis wieder ausgeglichen wird. Solch eine Mandatsaufstockung ist jedoch nicht bis in das Unendliche möglich. Der Gesetzgeber hat die Gesamtzahl der Sitze im Landtag Brandenburg auf höchstens 110 Abgeordnete begrenzt.

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